Start   Kontakt / Impressum

Barock

Unweit vom Salzburger Stadtzentrum liegt Schloss Hellbrunn mit seinen unter Erzbischof Marcus Sitticus (1574-1619) errichteten Schloss und angeschlossenen Wasserspielen sowie dem faszinierenden mechanischen Theater, das jedoch erst unter Erzbischof Andreas Jakob Graf Dietrichstein (1747-1753) von 1748 bis 1752 gebaut wurde. Es bildet das jüngste Element der wassermechanischen Kostbarkeiten in Hellbrunn. Das figurenreiche mechanische Theater von Hellbrunn, das anstelle einer figurenreichen und von Wasser bewegten Schmiede vom Bergarbeiter Lorenz Rosenegger von Dürrnberg ab 1748 errichtet wurde, verfügt über 141 bewegliche und 52 unbewegliche Püppchen. Um den von der gesamten Technik ausgelösten Lärm (vor allem durch die Wasserräder, Kupferdrähte und Zahnräder) zu kaschieren, verpflichtete man Rosenegger, auch ein „Orgl Werckh“ nach dem Vorbild des „Salzburger Stiers“ auf der Festung Hohensalzburg zu errichten, das ausschließlich durch Wasserräder zu bedienen wäre. Bereits im Sommer 1753 erklang das  zu dieser Zeit mit 35 Pfeifen ausgestatte Orgelwerk, das vom Hofkapellmeister Johann Ernst Eberlin und Orgelbauer Rochus Egedacher zum ersten Mal gestimmt wurde. Konnte ursprünglich zwischen drei Musikstücken gewählt werden, die allesamt aus Eberlins Feder stammten, entsprechen heute den drei Stiftreihen auf der mächtigen Holzwalze folgende Musikstücke: Ein Choral von J. E. Eberlin, das Duett „Reich mir die Hand, mein Leben“ aus Mozarts Oper „Don Giovanni“ und das Handwerkerlied „Ohne Rast, angepackt“ von Daniel  Francois Auber. Orgelwalzwerke bzw. Orgelautomaten wurden in der Folge in den verschiedensten Ausführungen gebaut und sollten sich seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert auch in Zusammenhang mit Uhren als Flötenuhren großer Beliebtheit erfreuen.

Zu den berühmtesten Automaten des späten 18. Jahrhunderts zählt der Schach-Spielende-Türke des Baron Wolfgang von Kempelen (1734-1804), denn er hatte das schwierigste alle Denkspiele, das Schachspiel, erlernt. Im Jahr 1769 präsentierte der aus Pressburg gebürtige Baron von Kempelen seine Erfindung auch der staunenden Kaiserin Maria Theresia, der er als Hofkammerrat diente. Kempelen, der auch Salzbergwerke betreute, sich mit der Entwicklung von Dampf- und Schreibmaschinen auseinandersetzte, für die Wasserspiele von Schloss Schönbrunn seinen Erfindungsreichtum einsetzte und obendrein auch Theaterstücke verfasste, hatte eine lebensgroße, türkisch gekleidete Figur vor einem  Holzkasten mit Schachbrett installiert. Bei jedem Schachzug hatte der Baron das Rasseln und Ächzen des technischen Innenlebens mit seinem Gewirr aus Walzen, Zahnrädern und Hebeln bewusst hörbar gemacht. Damit täuschte er über den Verdacht hinweg, dass sich im Holzkasten vielleicht doch ein menschlicher Schachspieler versteckt hielt, der die Züge mit Hilfe des Magnetismus unsichtbar durchführte. Obwohl Kempelen selbst bei jeder Vorstellung betonte, dass es sich bei diesem Automaten um eine Täuschung handle, war man von diesem Automaten fasziniert. Dass etwas „getürkt“ (gefälscht) sei, wird heute gerne auch aufdiesen „Schachtürken“ Kempelens zurückgeführt. Für die mechanischen Musikinstrumente kommt einer anderen Erfindung dieses Barons wohl noch größere Bedeutung zu:  Seiner „Sprechenden Maschine“, die er 1791 erfand. In Anlehnung an die menschliche Anatomie publizierte er 1791 in Wien seine Erfindung im Buch "Über den Mechanismus der menschlichen Sprache". Damit unternahm er den Versuch,  den Vorgang der menschlichen Sprache rationalistisch entschlüsseln und diese maschinell zu reproduzieren. Die Konstruktion der Sprechmaschine orientierte sich daher am Vorbild der menschlichen Organe. Im Unterschied zum Schachtürken unternahm Kempelen hier jedoch nicht mehr den Versuch, den Menschen zu kopieren. Die maschinellen Einzelteile der Sprechmaschine verselbständigten sich bereits in ihren spezifischen Möglichkeiten.

Der schachspielende Türke ging in der Folge an den aus Regensburg gebürtigen  Hofmechanikus Johann Nepomuk Maelzel und seinen Bruder Leonhard  über, die bereits einen selbstgebauten Trompeter, eine mechanische Seiltänzerin und zudem ein mechanisches Orchester besaßen. Johann Nepomuk Maelzel gilt vor allem als Erfinder des Metronoms, an den auch lange Zeit  ein Ludwig van Beethoven zugeschriebener Kanon erinnert: „Ta, ta, ta, ta, ta…lieber Maelzel…“, der allerdings eine Fälschung Anton Schindlers sein dürfte. Diesen Kanon hat Beethoven schließlich im tickenden „Allegretto scherzando“ verarbeitet. Im Jahr 1813 komponierte Beethoven sein symphonisches Schlachtengemälde  „Wellingtons Sieg“  (opus 91), das an den Sieg über Napoleon am 21. Juni 1813 erinnern sollte. Die Anregung zu dieser Komposition erhielt Beethoven jedoch von Johann Nepomuk Maelzel, der für sein mechanisches Panharmonikon ein wirkungsvolles Orchesterwerk suchte, mit dem er auch auf Tournee in die europäischen Metropolen gehen wollte. Beethoven lässt das Stück mit Trommelwirbel beginnen, verarbeitet das englische Volkslied „Rule Britannia“ sowie eine französischen Marsch, um schließlich mit der englischen Nationalhymne „God Save the King“ zu enden – als Reverenz an den Sieg Englands über Napoleon Bonaparte. Maelzel, der auch mit seinem Schachspielenden Türken auf Tournee ging, verließ 1825 fluchtartig Europa. Am 3. Februar 1826 traf er in New York ein, wo er seine Automaten modifizierte. So gastierte er am Broadway mit seinem „Schach-Türken“ am 13. April  1826. Als man nach einer Vorstellung beobachtete, wie ein Mensch aus diesem Automaten entstieg, zeichnete sich die Katastrophe für Maelzel ab, die in seinem Tod (Alkoholvergiftung) auf  See (21. Juli 1838) gipfelte. Sein derart enttarnter Schachautomat gelangte ins Museum von Philadelphia, wo er 1854 einem Brand zum Opfer fiel.

Auch mit seinem hölzernen Trompeter erlangte Johann  Nepomuk Maelzel höchste Aufmerksamkeit bei seinem Publikum. So wird erzählt, Napoleon habe diesen Trompeter in Schönbrunn bewundert und den Wunsch nach einem Duplikat geäußert. Anderen Berichten zufolge habe sein Bruder Leonhard Mälzel die Plünderung seiner Wiener Werkstatt im Revolutionsjahr 1848 dadurch verhindern können, indem er den Trompeter in der Uniform eines kaiserlichen Kürassiers am Fenster in Erscheinung treten ließ. Auch diese Erfindung Maelzels ist heute nicht mehr nachweisbar. Erhalten hat sich hingegen ein verbessertes Modell eines solchen Trompeters: Der 1810 von Friedrich Kaufmann (1785-1866), einem Gehilfen Maelzel, in Dresden gebaute mechanische Trompeter. In der Mitte des 19. Jahrhunderts wanderte dieser Automat, der mit dem Arm die Trompete an den Mund setzen und auch auf dem Instrument Töne erzeugen konnte, ins „Akustische Kabinett“ von Friedrich Theodor Kaufmann (1823-1872), dem Sohn Friedrich Kaufmanns. Unter den Bewunderern dieses Musikautomaten findet sich auch Carl Maria von Weber, späterer Chef der Dresdener Oper. Ihn faszinierte vor allem, wie die mit den Lippen erzeugten natürlichen Trompetentöne durch eine bewegliche Konstruktion mit Stimmzungen, entsprechend dem Trompetenregister in den Kirchenorgeln, nachgebildet wurden. Nach dem Vorbild dieser Trompeters entstand in der Folge  eine Reihe solcher technisch anspruchsvoller Figurenautomaten, in denen die Unterhaltungselektronik wie auch die Informationstechnik von heute originell, kreativ wie auch technisch aufwändig vorbereitet wird.

Die bedeutendsten Änderungen im Automatenbau zeichneten sich im Barock ab, als das Feder-Uhrwerk als Antrieb und Stiftwalzen zur Steuerung das Arbeiten mit Gewichten und Wasserkraft allmählich ersetzte. Es waren Uhrmacher, die nun daran gingen, auf der Basis dieser neuen Technik bewegliche  Puppen oder Tiere mit Spielwerk zu entwickeln. Diese Figuren vermochten dank Zahnräder, Stiftswalzen und Hebeln die unterschiedlichsten menschlichen Gesten oder tierischen Bewegungen zu imitieren. Als einer der bedeutendsten Automatenkonstrukteure galt der aus Grenoble stammende Jacques de Vaucanson (1709-1782), der jedoch 1741 von französischen Kardinal Fleury zum Chefinspekteur der französischen Seidenmanufaktur in Paris berufen wurde. In dieser Position gelang ihm 1745 der Bau des ersten vollautomatischen Webstuhls, der jedoch erst 1805 von Joseph-Marie Jacquard optimiert wurde. Die technischen Raffinesse seiner Erfindungen  übertrug er in der Folge seinen Automaten. Damit bescherte er der höfischen Automatenbaukunst im 18. Jahrhundert ihren Höhepunkt: Seine sog. Menschmaschinen erlangten nicht nur den Status kostspieliger Sammlerobjekte und Publikumssensationen, sondern stellten ob der immer raffinierteren Nachahmung des Vollzugs menschlicher Fähigkeiten auch für den Automatenbauer selbst die größte Herausforderung dar. Durch die Entwicklung immer perfekterer Automaten wurde so das Spannungsverhältnis von Geist und Körper praktisch auf die Füße gestellt. Im Jahr 1737 konstruierte er seinen vielbeachteten mechanischen Flötenspieler, der bereits ein Repertoire von zwölf Liedern aufwies. Technisch basierte dieser Automat auf einer mechanischen Stiftwalze mit zwei Bewegungsrichtungen. Dank des mit Blasbälgen erzeugten Luftstroms, der durch den Mund des Automaten an das Mundstück der Flöte gelangte, wurde der Ton gebildet. Die auf den entsprechenden Klappen liegenden Finger hatten den Ton geformt. Obgleich Vaucansons Automatenversuche zeitlebens um die Konstruktion eines möglichst akkurat funktionierenden künstlichen Menschen kreisten, galt als sein Meisterwerk jedoch seine automatische Ente. Mehr als 400 bewegliche Einzelteile wurden aufgeboten, damit die Ente mit den Flügeln flattern, schnattern, Wasser trinken, verdauen und sogar ausscheiden konnte. Mit diesem Kuriosum gastierte Vaucanson, von dem sich leider kein Automat mehr im Original erhalten hat,  in der Folge auch am Hof Friedrich des Großen. Die Ingenieure der Aufklärung vertraten bald die Ansicht, dass es aufgrund genauer menschlicher Beobachtung auch möglich sein müsse, einen menschlichen Automaten zu bauen. So hatte der französische Arzt und Philosoph Julien Offray de La Mettrie, der Vaucansons Automaten aus eigener Anschauung kannte, in seiner 1748 veröffentlichten Schrift „L`Homme-Machine“ den Menschen als eine Maschine beschrieben, die sich selbst steuert und sich überdies wie ein Uhrwerk mit Hilfe physikalisch-mechanischer Prinzipien erklären lasse. Die Beziehung zwischen damaligem Menschenbild und Automatenbau wurde dabei geprägt von einem mechanistisch bestimmten Bild des Organismus, das wiederum als Basis für die Vision von einem künstlichen Menschen als zunehmend perfekteren Automaten (gleichzeitig prägte der Automatenbau auch die Vorstellung von einem idealen Menschenbild).

Die Geschichte